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November 2017

Erfahrungen aus der diesjährigen Bonner Filmfair

Die Kinoabende im Bonner WOKI mit Diskussionen im Anschluss an die Dokumentarfilme waren allesamt ausverkauft. Auch SchülerInnen an 13 Bonner Schulen und in der Region diskutierten sehr aufmerksam die vier Dokumentarfilme des Filmfair-Schulangebots und stellten viele Fragen in der Nachbesprechung. – Die Bonner Filmfair zeigt in diesem Jahr, dass das Interesse an globalen Herausforderungen und deren Diskussion gestiegen ist.

Das Motto der Filmfair 2017 lautete „Fairer Umgang mit Menschen und Kulturen, Ländern und Ressourcen“. Damit wurde nicht nur ein Minimalziel im Umgang mit den ärmeren und armen Ländern und den dort lebenden Menschen formuliert, sondern auch Filme gezeigt, die beispielsweise deutlich machen, dass nicht die Größe der Weltbevölkerung zu Klimawandel, zur Zerstörung von Ökosystemen und Lebensräumen sowie zu Hunger und Armut führt, sondern der wachsende Verbrauch von Energie, Wasser und Rohstoffen und die intensive Nutzung von Flächen, die insbesondere nur dem rund einem Fünftel der Menschheit zugute kommen, die in den Industrieländern leben. Die anderen 80 Prozent der Menschheit leben von weniger als zehn Dollar pro Tag.

Viele von ihnen schuften für das Wohlergehen der Menschen in den reichen Industrieländern. So waren 2016 weltweit mehr als 40 Millionen Menschen Opfer moderner Formen der Sklaverei. 25 Millionen davon lebten in Zwangsarbeit – als Prostituierte, MinenarbeiterInnen, im Bergbau, der Landwirtschaft, in Fabriken, Privathaushalten und als Kindersoldaten. 15 Millionen davon wurden zwangsverheiratet. Eines von vier Opfern der modernen Sklaverei ist ein Kind gewesen. Das belegen die aktuellen, erschreckenden Zahlen der internationalen Arbeitsorganisation ILO. Nach Schätzungen von Unicef arbeiten 190 Millionen Kinder im Alter zwischen fünf und 14 Jahren. Millionen von ihnen sind Sklaven. Was lange der Vergangenheit anzugehören schien, ist heute brutale Wirklichkeit: Menschen werden zu SklavInnen gemacht und wie billige Ware behandelt. Auch in Europa, wo vorwiegend Frauen aus Osteuropa gewaltsam in unwürdige Arbeits- und Lebensverhältnisse gehalten und zur Prostitution gezwungen werden. 14.500 allein in Deutschland, so die Schätzung der australischen Walk Free Foundation.

„Um zu verstehen, wie wir uns gesellschaftlich verändern, muss ich mich mit denen beschäftigen, die einen enormen Einfluss darauf haben“, so der Dokumentarfilmer Marc Bauder in einem Interview mit dem Arthouse-Filmmagazin 2016. Von ihm zeigte die Filmfair 2014 den Dokumentarfilm Master of the Universe und in diesem Jahr den Spielfilm Dead Man Working. Beide behandeln die Finanzkrise und erzählen von menschlichen Abgründen, Skrupellosigkeit und der Überheblichkeit deutscher Finanzjongleure. Für Bauder ist die Finanzkrise bis heute nicht gelöst, „sie ist nicht weg, sie ist nicht geklärt“. Für ihn als Filmer daher Grund genug, sich damit zu beschäftigen, „um beim nächsten Mal vielleicht aufmerksamer zu sein“.

Was ihn als Dokumentarfilmer antreibt, entspricht der Motivation, die auch jährlich die Bonner Filmfair zum Leben erweckt: Fragen aufzuwerfen und neue Aspekte hinzuzufügen, in der Hoffnung, dass „der Zuschauer zumindest eine Frage mehr hat, nachdem er aus dem Film geht, als er vorher hatte“, so Bauder. Für Werner Boote, Filmemacher von „Population Boom“, ist es zudem wichtig, aktiv zu werden und gemeinsam die Probleme anzugehen „von denen ich meine, dass wir sie gemeinsam schleunigst anpacken sollten und auch in den Griff bekommen könnten. Das geht aber nur zusammen.“

Lösungen aufzeigen

Ein Anliegen, das die Filmfair seit Beginn verfolgt, ist, tiefgehender hinzuschauen und sich nicht mit den ersten Antworten zufriedenzugeben. Sprich: Die Diskussion mit den FachexpertInnen und dem Publikum im Anschluss an die Filme zu suchen, um sich über die dargestellten Hintergründe gemeinsam auszutauschen und Anregungen für die Alltagsorientierung zu bekommen. Und aktuelle Themen wie Migration, gerechte Produktion und Handel und die Wirkungen des aktuellen Finanzsystems sowie solidarische Alternativen dazu aus verschiedenen Blickwinkeln zu behandeln, von denen Helmut Pojunke, Geschäftsführer von Oikocredit Westdeutscher Förderkreis und Hauptsponsor der Bonner Filmfair, überzeugt ist, dass sie „immer wichtiger im politischen Diskurs und der Alltagswirklichkeit von uns allen sind“.

„Besonders schön finde ich, dass mit den Filmen der Bonner Filmfair nicht nur Probleme angesprochen, sondern auch Lösungen aufgezeigt werden“, sagt Anna Rühmann vom Fachbereich Wirtschaft der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft. Ähnliches war von LehrerInnen in Bonn und in der Region zu hören, die sich für das Filmfair-Angebot interessierten (siehe auch: www.filmfair.de/schulen.html, zweites Angebot). Sie kamen von Berufskollegs, Gymnasien, Gesamtschulen, Förderschulen, Sekundar- und Realschulen sowie einer Jugendakademie – von Hennef, Bad Honnef über Bornheim und Swisttal bis nach Köln. Für die LehrerInnen waren die vier Dokumentarfilme der Filmfair ein gutes Angebot, das sie gerne auch im kommenden Jahr wieder nutzen wollen. Sicherlich auch aus dem Grund, dass ihre SchülerInnen dabei feststellen konnten, dass das schulische Bildungsangebot tatsächlich sinnstiftend für ihre eigene Lebensgestaltung sein kann.

„Insgesamt ist die diesjährige Bonner Filmfair sehr gut gelaufen“, heißt es vom Organisationsteam, das darauf verweist, dass in diesem Jahr die gleiche Anzahl von KinobesucherInnen wie 2016 erreicht wurde, also rund 700, bei sechs Filmen weniger. Dazu kommen noch drei Partnerveranstaltungen der Alanus Hochschule, der Bonner VHS und des Institut français mit insgesamt 130 TeilnehmerInnen sowie die Schulveranstaltungen, die noch bis Mitte November gehen werden. An ihnen nahmen bislang etwa 450 SchülerInnen teil. – Gute Argumente also, um im nächsten Jahr die Filmfair fortzuführen.

Danke

Das Organisationsteam und die Koordination bedanken sich herzlich bei den Offiziellen Partnern, beim WOKI, bei allen Geldgebern und Sponsoren sowie bei den vielen weiteren Organisationen und Vereinen, die die Bonner Filmfair in diesem Jahr unterstützt haben, insbesondere jedoch bei allen KinogängerInnen, LehrerInnen und Schülern, die das diesjährige Angebot so zahlreich in Anspruch genommen haben. Insgesamt waren es über 1.600 Menschen, die dabei waren!

Weitere Informationen im Internet und auf facebook

10. Newsletter der Regionalen Promotorenstelle

Die regionale Promotorenstelle Südliches NRW / Region Bonn hat ihren 10. Newsletter, 6-seitig, mit Terminen, Links und Hinweisen veröffentlicht. Die Einleitungsnachricht mit der Überschrift "Fluchtursache Klimawandel" bezieht sich auf die die am 6.11. offiziell gestartete 23. Klimakonferenz in Bonn. Am Samstag zuvor brachten rund 25.000 Menschen ihre Sicht auf diese globale Herausforderung kreativ und vielschichtig lautstark zum Ausdruck. Dazu heißt es im Newsletter:

"Weltweit sind über 60 Millionen Menschen auf der Flucht und unterstreichen täglich die Notwendigkeit, ihre Fluchtursachen zu bekämpfen und vielfache Anstregungen für ihre Integration zu unternehmen. Im vergangenen Jahr waren 23,5 Millionen von ihnen von klima- und wetterbedingten Katastrophen wie Überflutungen und Stürme aus ihrer Heimat vertrieben worden.
Doch auch bei friedlichen Wettern steigen die Meeresspiegel und erodieren Küsten seit Jahren mit der Folge, dass auf flachen Inseln das Trinkwasser versalzt und das Getreide sich nicht mehr anbauen lässt. Ein Überleben im Pazifik ist so in naher Zukunft nicht überall mehr gegeben. Entsprechend werden BewohnerInnen Papua-Neuguineas von kleinen auf größere Inseln umgesiedelt, die Malediven sind dabei, Land in Australien, Neuseeland oder Indien für ihre Zukunftssicherung zu erwerben und das Inselatoll Kiribati hat vor drei Jahren 2.000 Hektar auf der zweitgrößten Fidschi-Insel gekauft, um eine neue Heimat für seine 125.000 BürgerInnen aufzubauen. Angefangen hat sein Präsident, Anote Tong, mit wenigen gut ausgebildeten PionierInnen, die sich dort integrieren und zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen sollen. „Sie müssen Arbeit finden und nicht als Bürger zweiter Klasse angesehen werden, sondern als fähige Immigranten”, betonte er bereits 2012.
Wie er fordern die kleinen Inselstaaten Hilfe von den Industrieländern als Verursacher des Klimawandels. Doch die lehnen ab, wohl ohne die Zeichen zu verstehen: „Was heute im Südpazifik passiert, kommt in 20, 30 Jahren auch auf Europa oder die USA zu. Nur dass die Schäden dann noch viel gewaltiger sein werden”, so Migrationsexpertin Sophie Wirsching von Brot für die Welt."

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